Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle 2024: Anstieg der Missbrauchsfälle trotz leicht rückläufiger Fallzahlen
Wenn die Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle des Kinderspitals einen Fall entgegennimmt, klärt das interprofessionelle Team zunächst ab, ob tatsächlich eine Misshandlung vorliegt. Dazu analysiert es die Situation und sucht nach den bestmöglichen Handlungsoptionen. In 530 Fällen war im Jahr 2024 klar, dass entweder eine Straftat oder eine Misshandlung vorlag. In 89 Fällen konnte der Verdacht weder bestätigt, noch ausgeräumt werden. In solchen Fällen werden die Kinder und ihre Familien engmaschig nachkontrolliert oder an weiterbetreuende Stellen wie Kinderärztinnen, Mütter- und Väterberatung oder Jugendhilfezentren vermittelt. Bei 46 der gemeldeten Kinder im Jahr 2024 stellte sich im Verlauf heraus, dass keine Misshandlung vorlag. Stattdessen konnte man die Verletzungen auf Unfälle oder andere harmlose Ursachen zurückführen.

Die fünf Misshandlungsformen
In der Erfassung von Kinderschutzfällen werden fünf Kategorien unterschieden: körperliche und psychische Misshandlung, sexueller Missbrauch, Vernachlässigung und Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom. Dabei liegen fast immer mehrere Misshandlungsformen vor. Zugeteilt wird das Kind derjenigen Kategorie, die am offensichtlichsten ist. Zum Beispiel wird ein geschlagenes Kind mit einem Bluterguss am Rücken der Kategorie der körperlichen Misshandlung zugeordnet, obwohl es auch psychische Schäden davonträgt.
2024 hat die körperliche Misshandlung wieder zugenommen
Letztes Jahr stellten die Profis des Kinderspitals 213 Fälle von körperlicher Misshandlung fest. Das Spektrum reichte von oberflächlichen Hautverletzungen bis hin zum Todesfall eines Säuglings durch Schütteln.

Grafik: Vergleich der Fälle von Kindsmisshandlungen 2023 und 2024
Darum ist die Verankerung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung so wichtig
Die Schweiz hat die Kinderrechtskonvention bereits 1997 ratifiziert. Im September 2024 hat der Bundesrat nun seine Vorlage zur Umsetzung der Motion «Gewaltfreie Erziehung» im Zivilgesetzbuch vorgelegt, die im August 2023 beschlossen wurde. Die Fälle körperlicher Misshandlung verdeutlichen, wie wichtig es ist, Angehörige aktiv über die schädlichen Folgen von Gewalt aufzuklären und ihnen gewaltfreie Alternativen aufzuzeigen.
Die Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle des Universitäts-Kinderspitals Zürich betreut nicht nur Kinder und Jugendliche, die im Spital stationär oder ambulant gesehen werden. Sie berät auch Fach- und Bezugspersonen, die einen Verdacht auf eine Gefährdung oder Misshandlung bei einem Kind äussern.
Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle
Die Kinderschutzgruppe, die von der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich unterstützt wird, befasst sich mit Säuglingen, Kindern und Jugendlichen, die Opfer einer Misshandlung wurden oder gefährdet sind, misshandelt zu werden. Ziel der Kinderschutzgruppe ist es, durch sorgfältig geplante Interventionen drohende Misshandlungen abzuwenden und betroffene Kinder und Jugendliche vor wiederholter Misshandlung zu schützen. Im Zentrum der Bemühungen steht das Wohl der Kinder und Jugendlichen: Sie werden medizinisch versorgt, ihr soziales Netzwerk gestärkt.
Die interdisziplinäre und multiprofessionelle Zusammenarbeit von Spezialisten und Spezialistinnen aus Medizin, Psychiatrie, Psychologie, Gynäkologie, Pflege und Sozialarbeit ermöglicht es, die verschiedenen Facetten einer Misshandlungssituation zu erfassen und bestmöglich zu reagieren. Bezugspersonen sowie nachbehandelnde und nachkontrollierende Institutionen werden früh in die Arbeit und Entscheide der Kinderschutzgruppe miteinbezogen.
In unserer Opferberatungsstelle, die von der Kantonalen Opferhilfestelle (Justizdirektion) unterstützt wird, werden Opfer von Gewalttaten nach den Vorgaben des Opferhilfegesetzes in rechtlichen, psychosozialen und teils auch finanziellen Belangen beraten und unterstützt. Nebst dem Opfer begleiten wir auch dessen Angehörige. Fachpersonen und Institutionen können sich ebenfalls beraten lassen.
Mehr Infos unter www.kinderschutzgruppe.ch oder www.kispi.uzh.ch/opferberatungsstelle