Forschung: Notfall
Unser Ziel ist die bestmögliche Behandlung von Kindern. Leider fehlen oftmals Studien, welche zeigen, welches die besten Therapien für häufige Erkrankungen und Verletzungen bei Kindern sind. Das wollen wir ändern.
Was haben wir bisher erreicht?
Dank vielen Patientinnen, Patienten und Eltern, die bereit waren, an unseren klinischen Studien teilzunehmen, konnten wir bereits folgende Resultate erzielen:
- Für die häufigsten Frakturen (Brüche) am Arm bei Kindern ab 4 Jahren reicht ein Vorderarmgips, es braucht keinen Oberarmgips.
- Nagelluxationen (Verschieben des Nagels), typischerweise nach Quetschtraumata, brauchen in den meisten Fällen kein Entfernen und anschliessendes Annähen des Nagels. Ist das Röntgenbild des Fingers unauffällig, reicht in den meisten Fällen ein Salbenverband.
- Für kurze schmerzhafte Eingriffe ist in vielen Fällen Lachgas mit einer Konzentration von 70% die Therapie der Wahl, eine Narkose kann oft vermieden werden.
- Viele Rissquetschwunden können mit einem speziellen Hautleim geklebt werden und es braucht keine Wundnaht.
Unsere Forschungsprojekte
Vorderarmbrüche: Salter Harris Studie
Projektleitung: Frau Dr. med. Camilla Lavagno
Brüche des Vorderarmes gehören beim Kind zu den häufigsten Brüchen. Im Röntgenbild kann man die Art des Bruches feststellen (zB Salter Harris I/II Fraktur). Solche Verletzungen benötigen eine Gipsruhigstellung, möglichweise braucht es zuerst noch eine Korrektur des Bruches (Reposition).
Die Standardbehandlung für eine Salter Harris I/II Fraktur (gelenksnaher Bruch) ist eine Ruhigstellung in einem Oberarmgips aus Combicast (reicht vom Oberarm bis zur Handmitte) für 4 Wochen.
Mit diesem Projekt untersuchen wir, ob Kinder ab dem Alter von 4 Jahren tatsächlich einen Oberarmgips benötigen oder ob auch Vorderarmgips (reicht bis zum Ellbogen) ausreichend ist. Dass ein Vorderarmgips für ein ähnlicher Frakturtyp ausreichend ist, konnten wir in einer früheren Studie nachweisen, weshalb solche Kinder nun von diesen Resultaten profitieren und standardmässig nur noch mit einem Vorderarmgips behandelt werden.
pocEEG
Projektleitung: Dr. med. univ. (A) Leopold Simma
Akute Erkrankungen des Zentralnervensystems (ZNS) sind der häufigste Vorstellungsgrund von kritisch kranken Kindern in der Kindernotfallstation. Die meisten dieser Kinder haben zum Zeitpunkt der Vorstellung eine Bewusstseinsstörung oder einen epileptischen Anfall. Der Status epilepticus ist einer der schwerwiegendsten medizinischen Notfälle in der Kinderneurologie und seine rechtzeitige Erkennung ist entscheidend für die prompte Therapieeinleitung und Verbesserung der Behandlungsergebnisse.
Die meisten dieser kritischen Situationen beinhalten Veränderungen der elektrischen kortikalen Aktivität, die durch ein herkömmliches Elektroenzephalogramm (EEG) nachgewiesen werden können. Allerdings ist das konventionelle EEG sehr personal- und ressourcenintensiv und insbesondere ausserhalb der regulären Arbeitszeiten nur begrenzt verfügbar. In der Notfallstation umfasst die ZNS-Beurteilung eine klinische Untersuchung zur Prüfung der neurologischen Funktion und bildgebende Untersuchungen zur strukturellen Beurteilung. Wenn ein konventionelles EEG nicht direkt verfügbar ist, kann die Gehirnfunktion am Krankenbett in der pädiatrischen Notfallstation durch ein vereinfachtes EEG (point-of-care-EEG: pocEEG) beurteilt werden.
Mit diesem Projekt untersuchen wir die Anwendung von pocEEG in der Notfallstation mit dem Ziel, Kinder mit Bewusstseinsveränderungen und Status epilepticus besser behandeln zu können.
Artificial intelligence in der Beurteilung von Röntgenbildern
Projektleitung: PD Dr. med. Michelle Seiler
In der Notfallstation des Kinderspitals Zürich werden pro Woche etwa 1‘000 Röntgenbilder durchgeführt. Ein Grossteil davon bei Kindern nach Unfällen mit der Frage nach einer möglichen Fraktur.
Die Interpretation der Röntgenbilder am wachsenden Skelett ist komplex, denn das wachsende Skelett verändert sich stark, es entstehen Knochenkerne, die wachsen, fusionieren, zusätzlich gibt es Normvarianten wie akzessorische Knochen. Artificial intelligence (AI) hat sich in den letzten Jahren eindrücklich entwickelt und wird vor allem in der Erwachsenenmedizin bereits eingesetzt.
Mit diesem Projekt testen wir eine AI an pädiatrischen Röntgenbildern mit dem Ziel, Fehlinterpretationen von Röntgenbilder im Klinikalltag zu vermeiden. Dies führt zu einer Steigerung der Effizienz, Zufriedenheit von Familien und die Behandlung von verletzten Kindern und Jugendlichen wird verbessert.
BRILLIANT Studie: Erforschung der Immunreaktion der Borreliose bei Kindern zur Verbesserung der Diagnosestellung
Der Erreger der Borreliose ist das Bakterium Borrelia burgdorferi (Borrelien). Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch infizierte Zecken. In der Schweiz sind 5% bis 50% der Zecken mit Borrelien infiziert. In den meisten Fällen verläuft eine Infektion mit Borrelien symptomlos und nur in ca. 5% aller Zeckenstiche resultiert eine Borreliose.
Bei der Borreliose (Lyme-Krankheit oder Lyme-Borreliose) wird meistens eine Blutuntersuchung zum Nachweis von Antikörpern gegen Borrelien gemacht, um eine Infektion zu diagnostizieren. Die Testresultate sind jedoch oft uneindeutig und schwierig zu interpretieren. In unserem Forschungsprojekt wollen wir die Immunreaktion bei der Borreliose genauer untersuchen, um die Diagnosestellung bei Kindern zu verbessern.
Projektleitung: PD Dr. Dr. med. Patrick Meyer Sauteur (Infektiologie)