Eine junge Patientin und Kunsttherapeutin malen mit Wasserfarben
24.09.2024
Kunsttherapie

Zusammen auf Weltreise

Aufgrund einer Krebsdiagnose verbrachte Michelle viel Zeit im Kinderspital Zürich. Die regelmässige Kunsttherapie als Teil der Behandlung unterstützte die Jugendliche in ihrem Heilungsprozess und darin, ihre Gefühle, Ängste und Erlebnisse zu verarbeiten.

Vertieft in den Urwald malt Michelle auf dem improvisierten Tisch an ihrem Bild weiter. Es ist bereits ihr siebtes, das sie seit ihrer Krebsbehandlung hier am Universitäts-Kinderspital Zürich zusammen mit der Kunsttherapeutin Barbara Carnielli kreiert. Gemeinsam an einem Bild arbeiten macht der Patientin und der Kunsttherapeutin sichtlich Spass. «Wir machen zusammen eine Weltreise», strahlt Barbara Michelle an. «Zusammen sind wir schon auf den Meeresgrund abgetaucht, ins Universum hinaus gereist, hier sind wir im Dschungel unterwegs.»

Jedes Gemälde eine eigene Geschichte

Während ihrer Aufenthalte im Kinderspital Zürich hatte Michelle wenn möglich zweimal die Woche mindestens je eine Stunde Kunsttherapie. Diese fand meist im Spitalzimmer statt, während der Chemotherapie durfte die junge Patientin die Station nicht verlassen. Auch Glücks-Armbänder haben sie zusammen gemacht, aber sie wollte vor allem malen. Für die heute 17-Jährige ist es eine wichtige Stütze und Unterstützung geworden. Jedes Gemälde ist ein eigenes, persönliches Werk, das eine eigene Geschichte erzählt. In neun Monaten haben die beiden mehrere grosse Bilder gemalt und sich dabei auch gut kennen gelernt.

Malen aktiviert eigene Ressourcen

Das Malen hilft, Stress abzubauen, Ängste und Fragen zu verarbeiten, Emotionen auszudrücken und sich während den langen Stunden im Spitalalltag sinnvoll zu beschäftigen, weiss die Kunsttherapeutin, «das Malen aktiviert eigene Ressourcen.» Dabei gibt es gute wie schlechte Tage. Wie damals, als heftige Übelkeit Michelle plagte aufgrund der Chemotherapie. Während der Therapieeinheit indes sass sie die ganze Zeit ruhig und konzentriert am Malen. «Das war kaum zu glauben», erzählt Carnielli, «sie vergass alles um sich herum. Es war richtig heilsam.» Es zeigt, wie gut die Kunsttherapie den Patientinnen und Patienten tut, sie lenkt den Fokus auf den gesunden Aspekt der Persönlichkeit, auf etwas Kreatives und damit weg von der belastenden Situation.

Wichtige Glücksmomente auch für die Familie

Auch die Familie wird in diesen Prozess mit einbezogen. Zusammen mit ihrem Vater hat Michelle ein Bild gemalt – für Glücksmomente im Leben, an die sich beide erinnern, gab es je eine farbige Linie. Im Nachhinein realisierten die beiden, dass sie eine Stunde lang einfach nur glücklich waren. In einem gemeinsamen «Blumenbild» wiederum malte ihre Mutter Begriffe hinein, die nicht auf Anhieb zu sehen und zu lesen sein sollten. «Sechs gute Wünsche für meine Tochter», erklärt die gelernte Floristin.

Dank der Kunsttherapie – welche das Universitäts-Kinderspital Zürich dank Spenden als Unterstützung des Heilungsprozesses ihren jungen Patientinnen und Patienten anbieten kann – konnte Michelle sich vom Spitalalltag und der schwierigen Situation ablenken und kreativ sein. «Die Therapie erlaubt es auch, sich auf das zu konzentrieren, was im Moment möglich ist, auf eigene Stärken», erklärt Kunsttherapeutin Carnielli, und fördert so die Heilung. Michelle ist denn auch noch voller Ideen für weitere Bilder.