Patient im Rollfahrrad mit Schwester auf Velo
03.12.2019
PatientInnen

Geschwisterliebe lässt sich nicht behindern

Janis‘ Beine wollen nicht so wie er will. Der 8-Jährige hat eine Ataxie, eine Form einer cerebralen Bewegungsstörung. Das macht ihn oft einsam. Zum Glück hat er aber seine kleine Schwester.

Janis ist oft frustriert. Er weiss ganz genau, dass er vieles nicht kann, was andere Kinder können. Fussbälle kicken, auf dem Spielplatz die Kletterwand erklimmen, Skateboard fahren, zum Beispiel. Und immer sind alle schneller als er. Deshalb wird der quirlige Junge mit der runden Brille oft ausgeschlossen, hat kaum Freunde, wie sein Vater Jörg sagt. «Er traut sich nicht, auf andere zuzugehen, wenn er sie nicht kennt. Er redet nicht mit fremden Kindern.»

Hier kommt Emma ins Spiel. Die 6-Jährige begleitet ihren Bruder überall hin. Mit der kleinen Schwester an seiner Seite fühlt Janis sich sicher. «Er steht morgens nicht mal ohne Emma auf», erzählt Mutter Marlies.

An der Hand oder im Rollstuhl

Janis kann nicht frei stehen und somit auch nicht ohne Hilfsmittel gehen. Er muss sich also immer irgendwo festhalten, wenn er sich aufrecht vorwärtsbewegen will. Das kann eine Hand sein, ein Geländer oder ein Hochstuhl, den er vor sich herschiebt. An seinen Füssen befinden sich Orthesen, eine Art Schienen, die den Gehapparat entlasten. Auch bei feinmotorischen Dingen habe Janis Probleme, erklären die Eltern: Einen Reisverschluss einfädeln etwa, das gehe gar nicht. Beim Anziehen brauche er Hilfe.

«Und wenn wir zum Beispiel mal verreisen, dann wird der Aufwand erst richtig gross», sagt Jörg. «Wir müssen den Rollstuhl mitschleppen, zum Beispiel. Und dann muss Janis im Café aufs WC und wir merken, das befindet sich im dritten Stock…»

Patient lacht mit Schwester

Ein kleiner Fehler mit grosser Wirkung

Die Eltern merken schon bald nach Janis‘ Geburt: Unser Kind bewegt sich nicht viel, liegt meistens auf dem Rücken. Dann begann der Kleine plötzlich zu schielen. Die Familie geht von einer Fachperson zur nächsten. Als Janis 13 Monate alt ist, kommen die Ärzte am Kinderspital Zürich zum Schluss, der Junge habe eine Ataxie. Das ist eine Störung der Bewegungskoordination, hervorgerufen durch einen Fehler im Kleinhirn. Bei Janis ist der Fehler offenbar minimal – und doch hat er so eine grosse Auswirkung.

Janis als Familienmittelpunkt

Der 8-Jährige und seine Bedürfnisse stehen in der Familie an erster Stelle, Janis soll so normal leben können wie nur möglich. Zum Beispiel Velofahren, dank eines speziellen, dreirädrigen Gefährts. Janis und seine Schwester gehen ausserdem auf eine private Gesamtschule, das heisst, immer drei Jahrgänge werden zusammen unterrichtet. Die Lerngeschwindigkeit kann so jedem Kind angepasst werden, was Janis zu Gute kommt. «Zeichnen», antwortet er auf die Frage, was sein Lieblingsfach sei. Seine Eltern setzen ganz auf die Bildung: «Wir haben Janis erklärt: Du wirst nie der Schnellste sein, aber du musst gut in der Schule sein!»

Patient mit Familie